Husserl Und Hildebrand

Husserl Und Hildebrand

Husserl und Hildebrand

Karl Schuhmann

1. 1907-1911: Die Studienzeit

Am 27. März 1907 schrieb der Münchener Phänomenologe Moritz Geiger an Husserl einen ausführlichen Brief über die Ereignisse im Münchener Philosophenkreis während des vorhergegangenen Wintersemester 1906/07 - des ersten Semesters, daß Dietrich (von) Hildebrand[1] dort studierte.[2] Im "Psychologischen Verein", der Vereinigung der phänomenologisch ausgerichteten Schüler des Münchener Philosophen Theodor Lipps, waren laut Geiger nach Weihnachten nur wenige der üblichen allwöchentlich von den Studenten veranstalteten Vorträge gehalten worden. Immerhin befand sich einiges Interessante darunter. Zunächst zwei Vorträge von Johannes Daubert, dem spiritus rector der Münchener Phänomenologie. "Dann sprach ein siebzehnjähriger Student Hildebrand (der Sohn des Bildhauers) über den Stoff im Kunstwerk - eine", wie Geiger hinzufügt, "nicht nur für sein Alter glänzende Leistung".[3] Dies ist höchstwahrscheinlich das erste Mal, daß der Name Dietrich Hildebrand in Husserls Gesichtskreis auftauchte. Der seines Vaters war ihm sicher schon länger bekannt. Nicht nur mochte er manche Werke Adolf von Hildebrands kennen (bei seinem Münchenbesuch im Mai 1904 dürfte er den Wittelsbacher Brunnen bewundert haben), sondern auch sein Buch über Das Problem der Form in der bildenden Kunst war Husserl nicht völlig unbekannt.[4] Nun also erfuhr er, daß dessen Sohn in den Münchener Phänomenologenkreis eingetreten sei, und diese erste Nachricht über den jungen Dietrich Hildebrand war sogleich von nicht geringem Lob begleitet.
Auf seiten Husserls mochte das Erwartungen wecken. Und gewiß hörte er in der darauffolgenden Zeit von Besuchern aus München noch manches Rühmliche über den jungen Studenten, etwa von den beiden Münchenern Theodor Conrad und Adolf Reinach, die Anfang 1909 in Göttingen weilten. Als Hildebrand dann im Sommersemester dieses Jahres selber nach Göttingen ging, um seinen eigenen Worten zufolge dort "bei...

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